Der Besuch

Emmerich spirituell
liegt auf einem Bärenfell.
Nun gut, das Fell ... es ist nicht echt,
jedoch: Man liegt darauf nicht schlecht. 

Bekleidet nur mit Unterhose,
die am Bund schon etwas lose,
so liegt und meditiert er schlicht
über Leben und Gewicht.

Doch jäh zerreißt, was ihn nicht freut,
die Stimmung durch ein Sturmgeläut
und er steht mühsam auf und geht,
zu seh‘n, wer vor der Türe steht.

Seine Mutter! Wieso jetzt?
Emmerich wirkt ganz gehetzt.
Da strömt sie schon in seine Wohnung,
es gibt kein Mitleid, keine Schonung.

“Du hustest, lieber Emmerich,
der Staub hier ist nicht förderlich ...
und läufst fast nackt durch deine Räume.
Mein Schatz, ich glaube wohl, ich träume!
Was mich soeben noch bewegt:
Du hast ja sichtlich zugelegt!
Ach ja, hier bring ich einen Kuchen,
den musst du unbedingt versuchen.
Ach, deine Fenster, lieber Mann,
da muss mal wieder Wasser dran!
Das Bild dort drüben an der Wand
hängt schief, das hab ich gleich erkannt.
Zudem gehört zu deinen Pflichten
dein Bett auch wieder mal zu richten.
Der Spiegel da ist richtig blind ...
hol mal nen Lappen, liebes Kind.
Auch deine Blumen könnten sprießen,
würd‘st du sie ab und zu begießen.
Die Decke auf dem Tisch ist fleckig
und deine Fensterbank ist dreckig.
Dein Ordnungssinn macht mich verrückt ...
nun iss doch mal ein Kuchenstück!
Der schmeckt dir sicher wundervoll ...
das Tischchen steht da auch nicht toll. 
Und wenn du umräumst, Emmerich:
Der Stoffbär, der ist fürchterlich!
Glaub mir, der Bär ist anatomisch
voll falsch, verbeult und guckt ganz komisch!
Wurd Dein Gefrierschrank, der betagte,
so abgetaut, wie ich es sagte?
Oh Emmi, meiner Lenden Glück,
komm, iss doch noch ein Kuchenstück. 
Ich lass dir noch zwei Stückchen da,
jetzt muss ich los! Mach‘s gut, Tada!“

Emmerich guckt etwas wirr
und schließt dann seine Wohnungstür. 
Als es ganz plötzlich wieder schellt,
zuckt er zusammen, unser Held.
Doch Gott sei Dank, es ist nur Maren,
die beste Freundin schon seit Jahren.

Nun sitzen sie bei einem Wein
im warmen gelben Lampenschein.
Da sagt sie (es ist gegen zehn):
“Ach Emmerich, hier ist es schön!
So gediegen und gemütlich,
wenn ich hier bin, bin ich friedlich. 
Ich komme gern aus diesem Grund ...
hast du da Buttercreme am Mund?“