Teddybärenepos
Unser guter Emmerich
ist täglich voll berufstätich.
Sein Job ist zwar nicht wirklich toll,
doch er macht den Kühlschrank voll.
Am Abend will er eines: Pause!
Und kommt er müde dann nach Hause,
sieht man ihn auf das Sofa fallen
um sich mit YouTube vollzuknallen.
Statt für sich selber was zu finden
und so sein Können zu ergründen,
bestaunt er all die Wundersachen,
die andre Leute da so machen.
Ein Typ dort häkelt kleine Kühe
und Emmerich macht sich die Mühe,
besorgt sich Wolle und auch Nadeln
und beginnt draufloszufadeln.
Doch will das Ganze nicht so gehen,
wie Emmerich es vorgesehen.
Nach einer Stunde Häkelpein
lässt man dies Hobby lieber sein.
Doch schaut euch mal dies Mädchen an,
wie wundervoll sie zeichnen kann.
Drum kauft man Stifte und Papier
und nimmt die Kunst in sein Visier.
Jedoch, oh weh, der Zeichenstil
beweist: Der Zeichner kann nicht viel.
Nach sieben Tagen Kritzelpein
lässt man dies Hobby lieber sein.
Danach erwacht erneut Begehren:
Die Drag Queen dort näht Teddybären!
Und man besorgt in kurzer Frist
was immer dazu nötig ist.
Nach ein paar Tagen merkt man dann,
dass man nicht wirklich nähen kann.
Was rauskommt, das ist anatomisch
Voll falsch, verbeult und guckt ganz komisch.
Das Interesse brannte klar,
jetzt liegt nur noch die Asche da.
Nach tagelanger Stichelpein
lässt man dies Hobby lieber sein.
Geht Emmerich mal durch sein Haus,
Sieht’s dort wie auf nem Flohmarkt aus.
Neben Näh- und Zeichensachen
Gibt’s Häkelzeug und Fernlenkdrachen.
Spielkonsolen für den Spaß,
ein Hollandrad, zwei Kameras,
ein Trampolin, ne Staffelei,
der alte Webstuhl, der entzwei.
Im Keller fand die Töpferscheibe
schon vor drei Jahren ihre Bleibe,
das Profiwerkzeug (Edelstahl)
liegt gleich darunter im Regal.
„Ideen aus Salzteig" heißt das Set,
das unten drin im Schuhschrank steht,
wo übrigens auch grad akut
„Spaß mit Wäscheklammern“ ruht.
*
Ein Schrei zerreißt die dunkle Nacht,
Emmerich ist jäh erwacht.
Ein Alptraum: Nackt am ganzen Leibe
sitzt er auf einer Töpferscheibe.
Wie festgeklebt auf diesem Teller
Dreht er sich schnellundimmerschneller,
während tausend Häkelnadeln
auf Hollandrädern um ihn radeln
und sie filmen ihn sogar
mit einer Salzteigkamera!
Halbe Wäscheklammern tanzen
und infernalisch zu dem Ganzen
ein alter Webstuhl musiziert,
von einem Teddy dirigiert,
mit off’nen Nähten und verbeult,
der ächzt und stöhnt und schaurig heult.
Er blickt in Emm’richs starre Augen,
beginnt ihn schmatzend auszusaugen
und Emmerich im Traumverlauf
wacht an der Stelle schreiend auf!
*
Am nächsten Tag da sieht man ihn
mit seinem Auto westwärts zieh’n.
Er bringt neun Kisten, groß und klein,
als Spende in ein Kinderheim.
Er schaut nicht soviel YouTube mehr,
doch seinen Beulenteddybär,
den hat er, wie noch heut zu seh’n
als Mahnung auf dem Sofa steh’n.
Zuletzt hat unser großer Held
ein Notizbuch sich bestellt.
Als Resultat von der Geschichte
schreibt er jetzt alberne Gedichte.